SprecherIn werden

Teil 5: Alles sprechen oder spezialisieren?

Sie haben einen guten Coach gefunden, haben reichlich Sprechübungen gemacht, Sie wissen wie Sie vor dem Mikrofon agieren, haben eventuell sogar in eine Theaterwerkstatt oder Schauspielschule hineingeschnuppert und fragen sich jetzt: Soll ich auf allen Hochzeiten tanzen oder mich lieber spezialisieren? Vorweg, nicht jeder gute Sprecher muss auf allen Gebieten gleich gut sein. Wichtig ist, sich selbst realistisch einzuschätzen und darauf zu achten, wo die Stärken liegen.

Synchronsprecher

Wenn jemandem die Berufsbezeichnung Sprecher nichts sagt, so wird doch manchem der Synchronsprecher geläufig sein. Sie leihen den Stars der Leinwand ihre Stimme und haben auch so manches Mal maßgeblichen Anteil am Erfolg eines Films. Die Synchronsprecher Rainer Brandt und Karl-Heinz Brunnemann hauchten der Fernsehserie “Die Zwei” im wahrsten Sinn des Wortes Leben ein. War das englische Original eine langweilige Produktion mit steifen Dialogen, verstanden die beiden Profisprecher es, ein wahres Feuerwerk abzuliefern. Deshalb kann ein erfolgreicher Synchronsprecher natürlich auf gute Gagen hoffen. Solange man die Stimme für einen bestimmten Star ist und dieser oft auf der Leinwand erscheint, ist man auf Erfolg gebucht.

Es gibt rund 30 Synchronstudios in Deutschland und dort werden die Rollen unter gut 100 Sprechern aufgeteilt. Sie leihen jeweils mehreren Stars ihre Stimme. Für einen Newcomer ist es extrem schwer in dieses Genre hinein zu rutschen. Denn Studiozeit ist teuer und die Aufnahmeleiter gehen ungern Risiken ein.

Der Masse bleiben also nur die Takes (so nennt man die einzelnen Wortpassagen im Drehbuch), die sich mit Masse befassen. Also Gruppen von Menschen, die schreien, keuchen, brüllen, wimmern usw. Aber auch so ergreifende Sätze wie: “Der Staatsanwalt auf Leitung eins” gehören in dieses Repertoire. Diese kleineren Einsätze werden meistens mit 50 Euro vergütet, das setzt aber auch voraus, dass man bis zu seinem Auftritt vielleicht schon drei Stunden gewartet hat.

Die meisten Synchronstudios haben ihren Sitz in Berlin, Hamburg, München und Köln. Tausende ausgebildeter Schauspieler versuchen immer wieder ihr Glück bei den Besetzungsbüros. Also denkbar schlechte Voraussetzungen für einen Anfänger. Neben der sprachlichen Sicherheit und einer guten Portion Schauspieltalent bedarf es höchster Konzentration bei der Umsetzung der Dramaturgie. Nur eine gute Stimme reicht leider nicht. Wenn Sie diesen Weg trotzdem gehen wollen, brauchen Sie einen langen Atem und viel, viel Selbstvertrauen. Achten Sie auf Schulungen, die im Internet angeboten werden.

Werbesprecher

Ein weitaus lukrativeres Geschäft liegt im Bereich der schnelllebigen Werbung. Vom Waschmittel über Babynahrung zu Tiefkühlpizza – alle benötigen Sprecher für diese Produkte. Auch hier tummeln sich viele Schauspieler, aber die Branche benötigt immer wieder neue Stimmen. Ein Spot, so nennt man die meist 20 bis 30 Sekunden langen Produktionen in Funk und Fernsehen, besteht oft aus einer Spielszene, einem Kommentar und einem Claim, also einem Hinweis auf die jeweilige Marke.

Einige Studios führen auch im digitalen Zeitalter noch Castings durch. Hier müssen die Bewerber unter realen Bedingungen einen Text einlesen. Dabei achtet dann der Aufnahmeleiter darauf wie flexibel der Kandidat ist, kann er die Anweisungen – etwas höher, schneller, verbindlicher, nicht zu werblich usw.- gekonnt umsetzen? Schafft der Sprecher das, darf er sich sicherlich demnächst über eine Buchung freuen. Meistens ist bei einer Produktion neben dem Toningenieur und dem Aufnahmeleiter auch die Agentur anwesend, ggf. sogar der Auftraggeber. Alle zusammen feilen dann an der Umsetzung des Spots. Da kann es schon mal zu 30 bis 40 Durchgängen kommen, das bedeutet Stehvermögen für den Sprecher und immer die volle Konzentration. Bevor man in seine erste Profi-Aufnahme stolpert sollte man sich mit dem Fach-Chinesisch der Werbebranche vertraut machen. Das wird im Abschnitt Glossar erläutert.

Radiosprecher

So ein Radiosprecher hat’s fein, mit einem Gehalt um die 3.000 bis 5.000 Euro (zumindest im öffentlich-rechtlichen Rundfunk).

Zur Zeit hat z.B. der WDR in Köln 20 festangestellte Sprecher und 25-30 Freie. Wer dort sein Glück versuchen möchte, hat harte Kriterien zu erfüllen:

  • abgeschlossene Sprechausbildung (sei es bei einem Sprecherzieher oder einer Schauspielschule).
  • mikrofongeeignete Stimme
  • große sprecherische Bandbreite
  • die Befähigung literarische und wissenschaftliche Texte umzusetzen
  • Sicherheit im Umgang mit der deutschen Sprache (Hochlautung)
  • sehr gute Fremdsprachenkenntnisse und Aussprache der wichtigsten Fremdsprachen
  • möglichst ein abgeschlossenes Hochschulstudium
  • große Fähigkeit zur freien Moderation, vor allem im klassischen Bereich
  • sehr gute Allgemeinbildung
  • Zuverlässigkeit, gesundheitliche Belastbarkeit und Flexibilität
  • Bereitschaft zum Schichtdienst

Zwei Möglichkeiten gibt es: Das Besetzungsbüro oder direkt das Sprecherensemble

Für das Besetzungsbüro sollte eine Bewerbungs-CD Sprachproben und evtl. Rollenausschnitte enthalten, damit die künstlerische Qualität beurteilt werden kann. Ein Erzähltext, ein Sachtext, aber auch Dialekte, Lyrik und Gesang sind gefragt.

Für das Sprecherensemble sollten auf der CD ein Nachrichtenblock, ein Kommentar und ein literarischer Text vertreten sein. Außerdem gilt für beides ein stichwortartiger Lebenslauf.

Auch wenn die Aussichten nicht gerade rosig sind, einen dieser begehrten Jobs zu ergattern, versuchen Sie es trotzdem von Zeit zu Zeit.

Einfacher ist es natürlich bei den Privat-Radios unterzukommen. Zuerst einmal als Freier bewerben, evtl. wird daraus dann eine Festanstellung.


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