Sprecherin / Sprecher

Das Berufsbild des Sprechers

Ob Voice-Over, Synchronisation oder Hörspiel – mit den kontinuierlichen technischen Fortschritten auf allen Gebieten der professionellen Medienherstellung steigt auch die Qualität der einzelnen Produkte.

Eines kann jedoch auch das beste technische Know-how nicht ersetzen: die Fähigkeit der verschiedenen Protagonisten, dem jeweiligen Medium eine unverwechselbare Individualität und Emotion zu verleihen. Dies ist der Grund, warum unablässig gute Schauspieler sowie für Sprachaufnahmen ausdrucksstarke Sprecher gesucht werden. Umfangreich ausgebildete und erfahrene Sprecher finden ein weites Tätigkeitsfeld in den Bereichen Film und Fernsehen, Radio, Hörspiel, aber auch auf dem Gebiet der Werbung vor. Sie geben Schauspielern eine authentisch klingende Synchronstimme, verhelfen Trickfilm- oder Hörspielfiguren zur Sprache, sprechen die Voice-Over bei Dokumentationen und gestalten den sprachlichen Anteil von Werbebotschaften. In Unternehmen leihen sie informativen Medien – von der Telefonansage bis zum Trainingsvideo – ihre Stimme.

Der Sprache ein Bild geben

Professionelle Produzenten von Sprachaufnahmen wissen um die zentrale Bedeutung von Sprechern für die Akzeptanz eines Hörmediums – eine Bedeutung, die die von Darstellern bei Film- oder Fernsehaufnahmen fast noch übersteigt. Denn während der Zuschauer bei bewegten Bildern neben der Sprache eine Vielzahl visueller Eindrücke wie Mimik, Gestik, Handlungsdarstellung oder Kulisse nutzen kann, lebt ein Radiobeitrag oder Hörspiel vor allem durch die Qualität und Ausdrucksstärke seiner Sprecher. Sie sind es letztendlich, die dafür sorgen, dass gesprochene Texte im Kopf der Hörer zu Bildern werden. Doch auch im Film- und TV-Bereich sind passend ausgewählte Sprecher unverzichtbar, da eine Vertonung nur dann authentisch – und damit nicht störend – wirkt, wenn eine Sprecherin oder ein Sprecher den Charakter einer synchronisierten Figur oder die Tonalität der speziellen Thematik einer Dokumentation authentisch vermitteln kann.

Ein Beruf, zahlreiche Ausbildungswege

Für den Beruf des Sprechers gibt es keinen gesetzlich geregelten Ausbildungsverlauf. Zum einen liegt das an dem gewachsenen Anforderungsprofil aus zahlreichen unterschiedlichen Produktionsarten von der Trickfilmsynchronisation bis zum Telefonansagentext, zum anderen in der Gewohnheit vieler Produzenten, die Rollen ihrer Sprachaufnahmen mit ausgebildeten Bühnen- oder Filmschauspielern zu besetzen. Denn im Vergleich zu Sprechern, deren Ausbildung auf einer reinen Stimm- und Sprechbildung sowie dem grundlegenden technischen Basiswissen begründet ist, sind es in aller Regel Schauspieler, die den Tonaufnahmen mit souveräner Leichtigkeit auch die gewünschte und so wichtige Emotion verleihen können.

Neben der Schauspielausbildung gibt es eine Vielzahl von Instituten, die – mit unterschiedlicher Dauer sowie abweichenden Inhalten – auf die Ausbildung von Sprechernachwuchs spezialisiert sind. Neben einem gezielten Sprechtraining, das eine klare Artikulation, die richtige Atmung sowie die Arbeit am zu transportierenden Text umfasst, ist für eine erfolgreiche Sprecherkarriere bereits zwingend in der Ausbildung ein hoher praktischer Übungsanteil zu gewährleisten. Hierzu gehören die Gewöhnung an die Studiosituation, Mikrofon- und Synchronisationstraining, die konsequente Umsetzung von Regieanweisungen sowie auch erste Belastungstests, da Zeit- und Kostendruck von den Sprechern nicht selten die tägliche Bewältigung von über 300 Einstellungen, den sogenannten Takes, verlangen.

Mit Emotion zum Erfolg

Nur dann, wenn sich ein Sprecher – genau wie es seine Kollegen aus dem Schauspielfach tun müssen – in die Situation und die Stimmung einer Figur, einer fiktionalen Geschichte oder einer reellen Begebenheit hineinversetzen und diese Tonalität auch transportieren kann, wird das fertige Medium auch die emotionale Ebene seiner Zuhörer beziehungsweise Zuschauer ansprechen. Um diesen Effekt nachhaltig erzielen zu können, braucht ein guter Sprecher nicht nur ein Gefühl für die jeweilige Atmosphäre und ein Einfühlungsvermögen für die Lage beteiligter Figuren, sondern muss darüber hinaus auch eine so facettenreiche Stimme besitzen, dass er diese Charakteristika auch spürbar umsetzen kann.

Die Authentizität und damit auch die Glaubwürdigkeit hängen neben der emotionalen Umsetzung des Themas jedoch auch ganz entscheidend von der optimalen Besetzung der einzelnen Sprecherrollen ab. In erster Linie natürlich von der Einhaltung der biologischen Passgenauigkeit: Immer dann, wenn dieses Matching nicht penibel eingehalten wird – beispielsweise wenn eine Frau ein 20 Jahre jüngeres Mädchen synchronisieren würde –, löst dies automatisch Verwirrung bei den Rezipienten aus. Dieselben Prinzipien gelten auch bei der möglichst detailgetreuen Darstellung sachlicher Inhalte.

Ein Kinderhörspiel, in dem der Räuber eine jugendlich-sympathische Stimme hat, oder eine Dokumentation, in dem ein fröhlich wirkender Sprecher eine Tragödie kommentiert, sind ebenso wenig glaubwürdig wie die deutsche Synchronfassung eines Mafiathrillers, in welcher der Hauptdarsteller durch einen Schweizer Dialekt auffällt. Aufgrund der enormen Bedeutung passender Sprecher für das Gesamtwerk zahlt sich ein sorgfältiges Casting von Sprechern im Vorfeld einer Produktion vielfach aus. Die Verlagerung von zeitlichen oder kostenbasierten Zwängen auf die Sprecherauswahl gefährdet dagegen häufig den Gesamteindruck und damit den Erfolg der ganzen Produktion.